Es geht heute mal wieder um die Bahn und uns böse, böse Lokführer…. In der heutigen Schicht hat sich wieder mal etwas ereignet, daß einer eventuellen Aufklärung bedarf. Angefangen hat es so:
In Stockstadt am Main komme ich zum Stehen. Eigentlich nichts besonderes, da ich mit meinem Zug sowieso einiges vor Plan war (für Unwissende: Verfrüht). Daraufhin bekomme ich vom Fahrdienstleiter die Information, das zwischen Babenhausen und Dieburg eine BÜ-Störung vorliegt. Was ist ein BÜ? Nun, so wird in der Eisenbahnersprache ein Bahnübergang abgekürzt. Wer damit auch nix anfangen kann, kann ich leider auch nicht helfen. 😁
Im folgenden erzähle ich kurz was weiter folgte und erkläre im Anhang danach, was es damit alles auf sich hat. Ich bekam also einen Befehl diktiert und setzte mich wieder in Bewegung. Vor den Übergängen hielt ich kurz an und nachdem sicher war, das der Bahnübergang sicher war, konnte ich meine Fahrt sicher fortsetzen. Sehr zum Ärgernis der Autofahrer, denen deutlich anzusehen war, warum der blö… Zug jetzt vor dem Übergang extra noch mal anhält, obwohl die Schranken bereits zu waren.
Ja, ich habe mit Absicht dreimal sicher geschrieben. Denn gerade bei BÜ’s (Mehrzahl) schreibt die Bahn Sicherheit ganz groß, da eine 90t schwere Lok mit einem entsprechend schwerem Zug hinten dran bei einer Kollision mit einem PKW generell immer besser da steht. Wer’s nicht glaubt, auf YouTube gibt es genügend Videos, in denen Autos und sogar LKWs das Gegenteil beweisen wollen.
Zurück zum Bild und dem genannten Befehl. Nicht zu Verwechseln mit den grün gesprenkelten Leuten, die im Gebüsch rumhüpfen und Befehle von einem laut schreiendem Drill Sergeant erhalten. Wobei das Prinzip aber ähnlich ist. Mit einem Befehl kann der Fahrdienst dem Lokführer eine spezielle Anweisung geben, wie er sich z.B. vor einem gestörten Signal zu verhalten hat oder als anderes Beispiel, wie er bei einem kaputten Übergang vorzugehen hat. Dieser Befehl wird ganz formell über den Zugfunk diktiert, der Lokführer hat dies entsprechend zu wiederholen und er wird dann von beiden ‚abgesegnet‘. Der Fahrdienstleiter muss nämlich diesen Befehl ebenfalls mitschreiben.
In diesem Befehlsvordruck steht dann in meinem Fall unter anderem:
Halten Sie vor BÜ in km…. km….. km….. Fahren Sie weiter, wenn BÜ gesichert.
Da mehrere solcher Übergänge in kurzen Abständen hintereinander folgen können, sind diese meist zusammenhängend und müssen daher auch alle einzeln gesichert werden. Wie schaut nun so eine Sicherung aus? Es gibt verschiedene Varianten.
Technisch nicht gesichert: Diese Übergänge findet man nur noch selten und sind meist auf dem Land und bei Nebenstrecken verbaut. Dort befindet sich meist nur ein Andreaskreuz und sonst nichts.
Technisch gesichert: Die Standardvariante. Lichter, Schrankenbäume, so wie man halt einen Übergang kennt.
In beiden Fällen muss der Zug vor jenem BÜ stehenbleiben. In der ersten Version hat sich der Lokführer zu vergewissern, das sich kein anderer Verkehrsteilnehmer (Ja, steht so im Regelwerk, da ja auch Fußgänger, Radfahrer, Hunde oder Nachbars Katze etc. drübergehen können.) mehr auf dem BÜ befindet. Danach hat er Signal Zp1 zu geben😲
Was ist jetzt das? Er hat drei Sekunden lang zu pfeifen, du Pfeife… Natürlich mit dem Makrophon/Typhon, nicht mit der Schaffnerpfeife😁
Ein technisch gesicherter BÜ ist etwas einfacher. Vor dem selbigen befindet sich ein Einschaltpunkt (den wir Lokführer kennen) und mittels eines Schlüssels (den wir Lokführer nur haben) kann die Schranke geschlossen werden. Für die etwas faulere Belegschaft wurden irgendwann auch automatische Einschalter geschaffen, wo der Zug nur auf dem Einschaltpunkt stehen muss und dann werden die Bäume gesenkt. (Hat natürlich auch den Hintergrund, das die Schlüsseltaster oft der Witterung ausgesetzt sind und dementsprechend tw. nicht mehr richtig zu bedienen waren. Nicht das wir faul wären……😎)
Was aber, wenn die Schranken bereits zu sind? Auch dann muss ich vor dem Übergang stehenbleiben. Erstens weil es im Befehl steht und dieser ist bindend. Zweitens, weil beim Befahren die Schranke aufgehen kann, aus welchen techn. Gründen auch immer, und somit die Gefahr besteht, das doch ein Verkehrsteilnehmer bereits vor dem Zug noch kreuzen könnte.
Bei der Bahn ist man solchen Übergängen immer sehr skeptisch zugetan, da ja bekanntlich die anderen gegen das Schwergewicht Zug immer den Kürzeren ziehen und Unfälle an solchen, oft lange Verhandlungen nach sich ziehen. Anbei sei auch angemerkt, das viele Autofahrer eigentlich nicht ganz genau immer wissen, wie sie sich an solchen BÜs generell zu verhalten haben:
(1) Schienenfahrzeuge haben Vorrang
auf Bahnübergängen mit Andreaskreuz (Zeichen 201),
auf Bahnübergängen über Fuß-, Feld-, Wald- oder Radwege und
in Hafen- und Industriegebieten, wenn an den Einfahrten das Andreaskreuz mit dem Zusatzzeichen „Hafengebiet, Schienenfahrzeuge haben Vorrang“ oder „Industriegebiet, Schienenfahrzeuge haben Vorrang“ steht.
Der Straßenverkehr darf sich solchen Bahnübergängen nur mit mäßiger Geschwindigkeit nähern. Wer ein Fahrzeug führt, darf an Bahnübergängen vom Zeichen 151, 156 an bis einschließlich des Kreuzungsbereichs von Schiene und Straße Kraftfahrzeuge nicht überholen.
(2) Fahrzeuge haben vor dem Andreaskreuz, zu Fuß Gehende in sicherer Entfernung vor dem Bahnübergang zu warten, wenn
sich ein Schienenfahrzeug nähert,
rotes Blinklicht oder gelbe oder rote Lichtzeichen gegeben werden,
die Schranken sich senken oder geschlossen sind,
ein Bahnbediensteter Halt gebietet oder
ein hörbares Signal, wie ein Pfeifsignal des herannahenden Zuges, ertönt.
Hat das rote Blinklicht oder das rote Lichtzeichen die Form eines Pfeils, hat nur zu warten, wer in die Richtung des Pfeils fahren will. Das Senken der Schranken kann durch Glockenzeichen angekündigt werden.
(3) Kann der Bahnübergang wegen des Straßenverkehrs nicht zügig und ohne Aufenthalt überquert werden, ist vor dem Andreaskreuz zu warten
Auszug aus der StVO §19
Wer jetzt wieder von YouTube zurückkehrt, dem wird auch mit Sicherheit klar sein, das man einen solch schweren Zug nicht innerhalb von ein paar Metern zum Stehen bringt. Kleines Beispiel, ein Zug mit ca. 1400t braucht bei einer Geschwindigkeit von 100km/h ca. 700 – 800m um vollständig zum Stehen zu kommen.
Dies ist übrigens nur eine grob formulierte Erklärung über den Vorgang bei der Bahn zum Sichern von Bahnübergängen. Die genauen Angaben befinden sich im Regelwerk der Deutschen Bahn. Inwieweit dies öffentlich übers Netz zugänglich ist, weiß ich nicht, auch gebe ich hier keine Links heraus. Dann bitte Tante oder Onkel Google fragen.
Jetzt noch ein kleines Schmankerl hinterher: Nach dieser Geschichte musste ich in Darmstadt-Kranichstein noch mal kurz warten und da es das Wetter zuließ:
Oh je, da hat sich einer aber den Stress gewaltig von der Leber geschrieben. Tja Olli; Fahr–erlaubnis; wie der Führerschein offiziell heißt, zeigt noch lange nicht, dass der“Lenker“ eines Fahrzeuges die Straßenverkehrsordnung kennt und sich auch dementsprechend daran hält. Einige Wenige kennen sich damit Gottseidank aus. Laß den Ärger weiter in Deinen Posts aus, dann habe ich zumindest ab und an etwas zum Schmunzeln! 😉